Archiv

Die hinter der Gardine stehen

10.07.2001

Zugegeben, das Unwetter am Wochenende erforderte aus Sicht der Feuerwehr einen ungewöhnlichen Kräfte- und Mitteleinsatz. Da sich das Ereignis fast ausschließlich auf das Gebiet der Stadt Halberstadt erstreckte, konzentrierte sich hier massiv der Einsatz der Hilfskräfte von Feuerwehr und THW. Teilweise über 8 Stunden waren die Kameradinnen und Kameraden im Dauereinsatz. Selbst am Sonntag waren noch 17 Einsätze in Folge des Unwetters zu realisieren. Solche Belastungen stellen an Mannschaft und Gerät besondere Anforderungen.
Die weitaus größte Anzahl der Helfer erledigen diesen harten Job ehrenamtlich, das heißt im Klartext, sie stellen nicht nur ihre Freizeit zur Verfügung, sondern gehen bei solchen Einsätzen bis an ihre körperliche Belastungsgrenze. Ein Dankeschön von den unmittelbar Betroffenen ist als kleine Geste der Anerkennung leider nur in sehr wenigen Fällen ausgesprochen worden.
Wir als Helfer stellen uns die Frage, ob der Begriff Selbsthilfe in unserer Gesellschaft immer mehr an Inhalt verliert. Dass es auch anders geht, hat zum Beispiel eine Hausgemeinschaft in der Bakenstraße unter Beweis gestellt. Nachdem ein Teil des Kellers unter Wasser stand, von diesem Wasser aber keine Gefahr für elektrische Leitungen oder die Heizungsanlage ausging, wurde nach dem Abprüfen durch den Einsatzleiter der Feuerwehr das Ausschöpfen durch die Mietergemeinschaft organisiert. Das verstehen wir unter dem Begriff Gemeinschaft.
Leider gab es aber auch eine Vielzahl anderer Beispiele, die besonders die Helfer aus den Feuerwehren der umliegenden Gemeinden erschreckt haben. Massive Forderungen, die auch schon in Beschimpfungen ausarteten, gipfelten darin, neben dem Wasser nun auch noch den Schlamm und anderen Unrat aus den Kellern zu beseitigen, stießen auf wenig Verständnis. Dies um so weniger, weil an einer anderen Stelle weitere Hilfe dringend notwendig war. Wir haben es überstanden, und aus Sicht der Feuerwehr möchten wir uns bei allen Helferinnen und Helfern aus den Reihen der eingesetzten Feuerwehren und des THW-Ortvorstands Halberstadt, den Mitarbeitern der Zentralen Einsatzleitstelle des Landkreises Halberstadt und vor allem auch bei jenen bedanken, die nicht hinter der Gardine gestanden haben und zur Selbsthilfe bzw. gegenseitigen Hilfe bereit waren.
Unverständlich für die Feuerwehr ist der Umstand, dass in Großgaragen, die sich in der Regel unter Gebäuden befinden und somit unterhalb des Geländeniveaus liegen, bauseitig keine Bodenentwässerungen bzw. Schlammschächte eingebaut wurden. So war es u. a. an mehreren Stellen zu verzeichnen, dass diese riesigen Räume bis zu einer Höhe von 50 Zentimetern mit Wasser vollgelaufen waren. Auch fehlende Rückstauklappen in den Hausentwässerungen sorgten unnötigerweise für Überschwemmungen in Kellern.

Von Harald Böer 

To top