Bombenalarm im Halberstädter Hauptpostamt

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28.07.2003

28.07.2003 09.35 Uhr.
Als eine Postmitarbeiterin ein Päckchen in das rund zehn Meter lange und mehrere Etagen hohe “Benachrichtigungsfach” der Halberstädter Hauptpost legt, hört sie ein eigenartiges Geräusch. “Wie aus einem Kühlschrank”, sagt sie später der Polizei.
Der Karton ist einer von zig “Rückläufern”, eine Sendung, die beim Adressaten. nicht ankam und nun vom Absender wieder abgeholt werden soll. “In solchen Fällen gibt es klare Vorschriften”, sagt Abteilungsleiterin Anett Robe. “Wenn es nur den leisesten Verdacht gibt, dass mit der Sendung irgendetwas nicht stimmt, müssen wir die Polizei benachrichtigen.”

9.45 Uhr.
Die Polizei räumt das Gebäude. 15 Schalterbeamte, knapp 60 Zusteller und 20 Kunden stehen verstört auf der Straße. Zuerst wird versucht, mit dem Empfänger in Stuttgart und dem Absender in Halberstadt Kontakt aufzunehmen. Doch die Adresse in Stuttgart ist falsch. Und der Absender in Halberstadt wird nicht erreicht.

10.30 Uhr.
Die Halberstädter Kripo verständigt die Sprengstoffexperten des Landeskriminalamts. Eine knappe Stunde später beginnen sie ihren Einsatz im Postamt. Zuerst wird das Päckchen im grauen Packpapier vorsichtig geröntgt. Auf dem Domplatz, wo sie mit den anderen Postlern wartet, erinnert sich Abteilungsleiterin Robe: “Ich habe so etwas Ähnliches schon mal mitgemacht. Da gab es eine Bombendrohung, und wir mussten im Winter mehrere Stunden in der Kälte warten. Da ist doch heute wenigstens das Wetter besser.”

12.25 Uhr.
Ein Rettungswagen und zwei Feuerwehrwagen treffen ein. “Um auf alle Möglichkeiten eingerichtet zu sein”, sagt Polizeisprecher Thomas Mroß.

12.30 Uhr.
Die LKA-Leute werten auf dem tragbaren Computer das Röntgenbild aus. Sie erkennen Kabel, elektrische Bauteile, Batterien. Alarmstufe Rot! “Wir sprengen”, entscheiden die Sprengstoffsachverständigen. Sie wollen keinerlei Risiko eingehen.

12.40 Uhr.
Die Sparkasse im Nachbargebäude wird evakuiert.

12.55 Uhr.
Ein LKA-Beamter geht im Splitterschutzanzug in den Parterre-Raum, in dem das Päckchen liegt. Er bringt ein dünnes Seil am Karton an und legt es über Rollen. Wenige Minuten später zieht er vom Ladehof der Hauptpost das Seil ein. Doch es verhakt sich. Risiko: Der Mann in Vollschutzkombi muss noch einmal in den Postraum. Im zweiten Anlauf klappt es. Das Päckchen zeigt sich in der geöffneten Tür. Es fällt die 50 Zentimeter hohe Rampe herunter. Die Beobachter hinter dem Feuerwehrwagen auf der Straße gehen instinktiv in Deckung. Doch nichts passiert.

13.15 Uhr.
Der Sprengstoffexperte stellt die Wasserkanone vor dem Karton auf. Sie gehört zur Standardausrüstung der Spezialisten. Mittels Treibladung wird eine Tasse voll Wasser unter großem Druck abgeschossen. Ganz gleich ob Koffer oder Paket – der Wasserstrahl zerstört alles.

13.28 Uhr.
Ein Knall, der sich im Post-Ladehof als Echo bricht. Das Päckchen wird. nach oben gefetzt. Das Pflaster ist mit Plasteteilen einer Spielzeugwaschmaschine übersät. Dazwischen elektrische Bauteile und ein paar alte Zeitungen.

13.40 Uhr.
Entwarnung. Die rund 80 Mitarbeiter der Hauptpost und die Sparkassenmitarbeiter atmen auf, als die vermeintliche “Höllenmaschine” sich als harmlose Spielzeugwaschmaschine entpuppt. Die Briefträger haben an diesem Tag erst die Hälfte der Sendungen zugestellt. Auch Abteilungsleiterin Robe atmet auf. Sie hat ihr Büro direkt über der vermeintlichen Bombe. 


Zum Vergrößern auf die Vorschaubilder klicken.

  • Polizeibeamte sperrten für mehrere Stunden die Hauptpost ab.brFoto: Volksstimme
  • Ein Sprengstoffexperte des LKA Sachsen-Anhalt baut die Wasserkanone vor dem verdächtigen Päckchen auf. Von rechts beobachten ihn drei Kameraden der Halberstädter Feuerwehr.brFoto: Volksstimme
  • Das Päckchen nach der Sprengung. Oben links Teile der Waschmaschine.brFoto: Volksstimme
  • Gegen 13.45 Uhr war der Einsatz beendet.brFoto: Volksstimme
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